… das war das Motto des Bundesparteitages der Linken, der am letzten Wochenende in Hannover stattfand. Dabei war das Programm anspruchsvoll. Fast 600 Genossinnen und Genossen aus ganz Deutschland trafen sich um das Bundestagswahlprogramm zu beraten und zu beschließen. Mehr als 1.300 Änderungsanträge zum Entwurf waren beim Bundesvorstand bereits im Vorfeld eingegangen. Über 400 davon wurden auf dem Parteitag beraten bzw. noch kurzfristig vom Vorstand übernommen worden.
War früher auf Parteitagen bei Abstimmungen oftmals eine Lagerbildung bemerkbar, so schien das diesmal der Vergangenheit anzugehören. Anträge aller Strömungen der Partei wurden mit zum Teil deutlichen Mehrheiten abgelehnt oder beschlossen. Im Vergleich zu vorherigen Parteitagen wirkte die Partei über alle inhaltlichen oder regionalen Unterschiede geschlossen.
Da wo es inhaltliche Differenzen gab, wurden diese sachlich besprochen. Besonders drei Fragen führten zu lebhafter Diskussion. Zum einen die Frage nach Regierung oder Opposition, das Verhältnis zur EU und das Verhältnis zu den Kirchen.
Zu ersterem gab es beide Anträge zu Extremfällen: Es gab die Forderung eine Rot-Rot-Grüne Bundesregierung als Ziel in das Programm aufzunehmen. Es gab aber auch das genaue Gegenteil: Anträge die festlegen sollten, dass die Partei eine klare Oppositionsrolle einnimmt und das auch nach der Wahl so bleiben muss. Beide Anliegen wurden mit klarer Mehrheit abgewiesen.
Sahra Wagenknecht hat die Stimmung des Parteitages in dieser Sache treffend wieder gegeben. Sie sagte wörtlich:
„Es ist ganz viel diskutiert worden, fast alle Berichte über diesen Parteitag waren bestimmt von der Frage, will DIE LINKE koalieren, will sie nicht koalieren. Ich sage da ganz klar: Wir wollen die Grundrichtung der Politik in diesem Land verändern. Ja, wir wollen den Sozialstaat wieder herstellen. Ja, wir wollen die verdammten Agenda-Gesetze, die die Beschäftigten wehrlos machen gegenüber den Lohndrückern, diese Gesetze wollen wir zurück nehmen und wir wollen abrüsten, wir wollen die deutschen Kriegsabenteuer beenden, wir wollen unsere Soldaten nach Hause zurückholen. Das wollen wir alles, und wenn wir dafür Partner haben, dann wollen wir auch regieren, das ist doch völlig klar – das ist unsere Position.“
Wenn die Medien im Nachgang berichten wir hätten für Rot-Rot-Grün die Tür zugeschlagen, so ist das blanker Unsinn. Das Gegenteil ist der Fall: wir haben gesagt wir sind auch zum Regieren bereit, aber nicht um jeden Preis. Wir wollen nicht einfach Mehrheitsbeschaffer für einen Kanzler Schulz sein, wenn sich dadurch die Politik nicht ändert. Wir wollen konkrete Veränderungen. Das ist auch ein Angebot an SPD & Grüne. Wenn sie dazu nicht bereit sind, dann schlagen sie die Tür zu, nicht wir!
Zum bereits angesprochenen kontroversen Europa-Thema gab es zunächst Konsens darin, den neoliberalen Wirtschaftskurs und die Militarisierung der EU abzulehnen. Unterschiede lagen vor allem in der Frage, ob die EU reformierbar ist und falls nicht was dann daraus folgen soll. Es gab sogar vereinzelt die Forderung eine Auflösung der EU anzustreben, was ich persönlich für einen großen Fehler halte. Das gilt insbesondere dann, wenn damit die Illusion verbunden ist, dass man (ähnlich wie es ja auch die AfD immer fordert) die Probleme des globalen Kapitalismus besser im Nationalstaat regeln kann.
Aber der Parteitag konnte sich leider auch nicht mehrheitlich dazu entschließen eine konkrete Alternative zur derzeitigen EU zu beschließen.
So hat der Landesverband Sachsen einen Antrag zur linken Vision einer Republik Europa gestellt, der zwar auf große Zustimmung stieß, letztlich allerdings knapp scheiterte. Ich denke diese Idee gilt es auch in Hinblick auf das Europawahlprogramm weiter zu diskutieren. Im Mittelpunkt dieses Ansatzes steht ein Europa der Menschen, und keine EU des freien Warenverkehrs. Aber der Antrag ist eben auch kein Rückzug ins nationale. Diesen Ansatz machte auch der ebenfalls aus Sachsen stammende Antrag zur Sicherung der Rechte der derzeit in der EU lebenden Briten deutlich.
Zur Religionsproblematik gab es einen Antrag aus Hamburg, der sich für eine Kündigung sämtlicher Kirchenstaatsverträge aussprach. Zum einen aus der grundsätzlichen Überlegung heraus Staat und Religion konsequent zu trennen. Zum anderen aber auch, weil die derzeitige Form der Staatsverträge christliche Kirchen und deren Wohlfahrtsverbände massiv begünstigt, während andere Religionsgemeinschaften wie der Islam, die weniger hierarchisch organisiert sind, solche Verträge aus rechtlicher Sicht gar nicht schließen könnten.
Der Antrag wurde zunächst am Samstag mit Mehrheit angenommen. Sonntagmorgen gaben allerdings mehrere prominente Abgeordnete und Bundesvorstandsmitglieder persönliche Erklärungen ab, dass diese Entscheidung falsch sei und zurückgehholt werden müsse, was dann tatsächlich auch geschah.
Abschließend muss man zusammenfassend allerdings feststellen, dass das in Hannover beschlossene Wahlprogramm ein gutes Wahlprogramm ist. Es wurde fast einstimmig angenommen.
Ich habe vorhin schon Sarah zitiert, abschließen möchte ich mit unserem zweiten Spitzenkandidaten Dietmar Bartsch. Er meinte bezogen auf den Wahlkampf: „Das ist unser Land! Holen wir es uns zurück!“
Nun sollten wir gemeinsam raus gehen und im Herbst einen guten Wahlkampf machen!