Bläst Brüssel tatsächlich zum Sturm? – Teil II

(Rede in der Landtagssitzung vom 06. September 2018)

Sehr geehrter Herr Präsident!

Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Ich hatte ja in meinem ersten Redebeitrag schon darauf hingewiesen, dass ich noch auf einen weiteren Aspekt eingehen möchte, nämlich auf die verhängnisvolle Verknüpfung zwischen den nationalen Banken und den Staatsanleihen. Das heißt, dass die nationalen Banken in der Regel Staatsanleihen ihres eigenen Staates haben und wir entsprechend eine fatale Korrelation haben: Wenn es auf der einen Seite in einem Land nach unten geht, geht es auch auf der anderen Seite nach unten. Das wurde von meinen Vorrednern schon in einigen Punkten angesprochen.

Wenn wir an die Diskussion in Italien denken, wo sich im Moment gerade solch eine Situation abzeichnet, dann muss man sich nur vor Augen halten: Italien ist ein EU-Nettozahler und einer der wichtigsten Handelspartner Deutschlands, und ich glaube, man muss schon arg im Nebel stehen, wenn man der Meinung ist, dass ein Kollaps des italienischen Bankensystems an Deutschland oder an Sachsen folgenlos vorbeigehen würde.

Was hat nun SBBS damit zu tun? Die Wertpapiere sollen in unterschiedlichen Tranchen ausgegeben werden – einmal in einer eher risikoarmen Senior-Tranche und zum anderen in einer Junior-Tranche, welche dann zwar mit höheren Renditen versehen ist, aber im Kern auch das komplette Ausfallrisiko tragen soll. Der Grundgedanke der Senior-Tranche: Sie soll einen neuen, sicheren Vermögenswert auf dem europäischen Kapitalmarkt darstellen mit dem Ziel, dass die nationalen Banken nicht nur in ihre eigenen nationalen Anleihen investieren, sondern ihr Portfolio tatsächlich streuen.

Die Frage, die sich unter dem Strich stellt – das ist das, was ich zu Beginn andeutete und womit Kollege Patt sicher recht hat –, ist: Was passiert dann eigentlich mit der Junior-Tranche? Ist diese ausreichend diversifiziert aufgestellt bzw. reicht die Risikostreuung über die Länder mit mangelnder Kreditfähigkeit aus, dass es Käufer für ebendiese Junior-Tranchen gibt? Oder befinden wir uns irgendwo im Bereich von Subprime-Papieren, bei denen von Anfang an klar ist, dass sich hierfür kein Interessent finden wird.

Nun haben wir noch das interessante Phänomen, dass die Papiere wahrscheinlich trotzdem interessant sein werden, da sie de facto als Staatsanleihen nicht mit Eigenkapital seitens der Investoren unterlegt werden müssen. Dort stellt sich dann wieder die Frage: Was passiert hier bei Ausfall, wenn sich eine Bank schlichtweg damit verzockt hat?

Hier, meine sehr geehrten Damen und Herren, komme ich doch wieder zu meinem Ausgangspunkt zurück. SBBS wird sicherlich in einigen Punkten eine Verbesserung bringen, aber es ist nicht der Königsweg. Wir stehen als LINKE dazu, dass wir tatsächlich ernsthaft über Eurobonds nachdenken sollten.

Eurobonds ermöglichen nicht das, was hier behauptet wurde: ein gutes Leben auf Kosten des deutschen Steuerzahlers. Nein, auch bei Eurobonds sind Regelungen für eine Binnenhaftung und für Verpflichtungen gegenüber Garantiestellern möglich. Es geht darum, als Europäische Union nach außen gemeinsam und kooperativ aufzutreten. Damit sind wir bei der entscheidenden Frage: Wie verstehen wir Europa? Was wollen wir von Europa? Ist die Europäische Union für uns ein Klub, in dem jeder versucht, für sich das Maximale herauszuholen? Oder ist die Europäische Union tatsächlich eine Gemeinschaft, in der wir versuchen, kooperativ, gemeinsam, zum Nutzen aller nach vorn zu kommen?

Vielen Dank.

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