(Rede in der Landtagssitzung vom 06. September 2018)
Sehr geehrter Herr Präsident!
Liebe Kolleginnen und Kollegen!
Ja, man mag es kaum glauben: Bevor die Migranten an allem schuld waren, waren es bei der AfD die EU und der Euro.
(Zuruf André Barth, AfD: „Das ist ja billig!“)
Natürlich ist das billig, was Sie hier machen. Sehen Sie sich einfach einmal Ihren reißerischen Titel an: „Brüssel bläst zum Sturm – Sachsen seid wachsam!“ Als Sie sich das ausgedacht haben, haben Sie wahrscheinlich in Ihrer Fraktion ein paarmal zu oft „Die Wacht am Rhein“ gesungen. Ich weiß es nicht.
(Beifall und Heiterkeit bei den LINKEN)
Aber es ist in der Tat so: Die Tauglichkeit dieser Sovereign Bond Backed Securities – es ist schon ein merkwürdiges Wort, aber auch ein merkwürdiges Konstrukt – ist umstritten, und auch ich bin mir nicht sicher, ob das der Königsweg ist. Einige Punkte, die Kollege Patt angesprochen hat, sehe ich durchaus auch so. Bei anderen Punkten bin ich anderer Meinung, zumal man sich vor Augen halten muss, was denn der Grund dieses Vorschlags war. Die Bundesregierung hat es jahrelang kategorisch abgelehnt und lehnt es auch immer noch ab, über irgendwelche risikoteilenden Instrumente überhaupt nachzudenken.
Auch wenn ich ganz klar sagen muss, die SBBS sind keine Eurobonds; aber da Sie es schon ganz am Anfang angesprochen haben, Kollege Barth: Man muss sich schon einmal Gedanken machen, welche Vor- bzw. Nachteile das Ganze hätte. Die Vorteile liegen eindeutig auf der Hand – wenn wir uns tatsächlich zu Eurobonds durchringen könnten: Die Kapitalmärkte wären eben nicht mehr in der Lage, einzelne Euro-Länder bis zur Zahlungsunfähigkeit unter Druck zu setzen, und die Verlierer dieses Ganzen sind ja nicht nur die eher schwachen Volkswirtschaften im Süden, sondern aufgrund der engen wirtschaftlichen und finanziellen Verflechtungen hinterlässt das auch Spuren bis zu uns.
Wenn wir uns die wenig erfolgreiche Rettung Griechenlands noch einmal anschauen, so wären die Eurobonds gerade dort notwendig gewesen; denn im Kern ging es ja nicht um eine Rettung, sondern um den Freikauf großer europäischer Banken zulasten der griechischen Sozialsysteme, bei dem man gleichzeitig noch den Kollaps des griechischen Binnenmarktes hingenommen hat. Hätte es Eurobonds gegeben, dann hätte Griechenland Zugang zum freien Kapitalmarkt gehabt und sich zu Konditionen refinanzieren können, die weit besser gewesen wären, als es die Konditionen der angeblichen Retter waren; denn die Rettung hat ja erst dazu geführt, dass die Schulden- und Zinslast von Griechenland durch die Decke geschossen ist.
Nein, worum es geht, das ist die Frage, ob die Europäische Union gemeinsam nach außen gegenüber Kapitalanlegern auftritt. Schauen Sie sich das Beispiel der USA an: Dahinter steht ein großer, geschlossener Volkswirtschaftsraum. Die USA haben eine desaströse Haushaltslage und schon seit Jahrzehnten eigentlich kein einziges Euro-Kriterium eingehalten, und trotzdem haben sie ein Top-Ranking. Wenn man sich anschaut, welche Wirtschaftskraft hinter der EU insgesamt steht, dann läuft es dort auf genau das Gleiche hinaus. Aber ich will nicht weiter über Eurobonds sprechen, denn darum geht es hier eigentlich überhaupt nicht. Eurobonds beinhalten ja – zumindest nach außen – eine gemeinsame Haftung.
Genau dies tun die SBBS nicht. Hier geht es um die Bündelung einzelner Anleihen bei einer weiteren separaten nationalen Haftung. Das heißt, Deutschland haftet weiter für deutsche Anleihen, Spanien für spanische, Ungarn für ungarische usw. usf. Die Idee ist einfach ein Portfolio mit einem Risiko- und Renditeausgleich. Das bedeutet, das Ausfall- und Verlustrisiko bleibt unterm Strich bei den Anlegern.
(Zuruf André Barth, AfD: „Nö!“– Zuruf des Abg. Dirk Panter, SPD)
Doch, bleibt es wohl. Sie müssen sich das Ganze einmal in Ruhe anschauen.
Es gibt noch ein ganz anderes Problem innerhalb der EU, bei dem ich mir ebenfalls nicht sicher bin, ob dabei die SBBS der Königsweg sind, aber bei dem sie zumindest ein Schritt in die richtige Richtung wären.
(Präsident Dr. Matthias Rößler: „Gestatten Sie eine Zwischenfrage?“)
Nein. Ich gehe mal davon aus, dass der Kollege später ohnehin noch einmal ans Mikrofon geht. Dann würde ich darauf reagieren.
Wir haben im Moment die Situation, dass die nationalen Banken die größten Abnehmer der nationalen Staatsanleihen sind. Das heißt, wir haben in fast allen EU-Staaten eine fatale Abhängigkeit zwischen den öffentlichen Haushalten und der Liquidität der nationalen Banken. Das ist – allgemein anerkannt – einer der Hauptgründe dafür, dass die Krisen vom Finanzsektor auf die Staatsfinanzen und die Realwirtschaften übergreifen und umgekehrt.
An einem ganz konkreten Beispiel, das uns auch hier in Europa ein Stück weit droht, nämlich Italien, würde ich das in einer zweiten Runde gern weiter ausführen und versuchen, Ihnen zu erklären – vielleicht verstehen Sie es ja –, was die SBBS ändern würden.
Vielen Dank.