(Rede in der Landtagssitzung vom 13. Dezember 2018)
Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen.
Wir haben in den letzten zwei Tagen ausführlich über die Einzelpläne des Doppelhaushaltes 2019/2020 gesprochen. Die Koalition hat sich ausführlich selbst auf die Brust geschlagen, dass noch nie so viel Geld angefasst worden wäre. Auch die inhaltlichen Debatten sind geführt, und die hier im Plenum gestellten Anträge der Opposition sind in altbekannter Manier ausnahmslos abgelehnt worden. Oder wie Kollege Panther das Selbstverständnis der Koalition gestern bei der Aussprache zum Einzelplan der Staatskanzlei -wahrscheinlich eher unfreiwillig – umriss: man müsse gegen die Anträge der Opposition stimmen, seien sie es doch in der Regel inhaltlich gar nicht Wert, sich mit ihnen überhaupt auseinander zu setzen, habe man doch selbstverständlich alles super gemacht.
Diese Äußerung zeigte jedoch nicht nur die Arroganz weiter Teile der Koalitionsfraktionen, sondern macht auch deutlich, mit welcher Verbissenheit um einzelne Haushaltspositionen gerungen wurde. Wie mit zum Teil fadenscheinigen Begründungen auch kleinste Änderungsanträge weggebügelt wurden. Mehr als einmal bekamen wir in der Haushaltsklausur des HFA zu hören, dass das von der Opposition geforderte nun zwar nichtfalsch sei, man aber den Antrag doch nicht übernehmen werde. Dem Problem wolle man sich lieber auf anderem Wege widmen.
Der Haushalt ist das Königsrecht des Parlaments und da wird eben nicht nur mit dem Florett gefochten. Gerade darum lohnt es sich noch einige grundsätzliche Anmerkungen zum Haushaltsgesetz zu treffen. Mit dem heute zur Abstimmung stehenden Gesetzentwurf macht das Parlament nichts anderes, als die Hoheit über das Beschlossene in weiten Teilen an den die Staatsregierung bzw im speziellen an den Finanzminister abzutreten.
Was meine ich? Wir beschließen einen Haushalt der vor gegenseitigen Deckungsfähigkeiten ganzer Titelgruppen nur so strotzt. Fast alles was das Parlament fein säuberlich sortiert hat, darf dann im Laufe der Jahre in den Fachresorts wieder großzügig verschoben werden, selbstredend ohne den Haushaltsgesetzgeber auch nur darüber zu informieren.
Wir ermächtigen den Finanzminister am Landtag vorbei Kassenverstärkungskredite in Milliardenhöhe aufzunehmen und das auch gleich noch im Vorgriff auf Folgejahre, sowohl was die Belastungen als auch die Krediteinnahmen anbelangt. Von den darüber hinaus noch schlummernden und nie genutzten Altkreditermächtigungen habe ich da noch gar nicht gesprochen.
Großzügige Umbuchungen zwischen den Haushaltsjahren laufen ebenso unter dem Radar wie „normale“ außerplanmäßige Ausgaben – immer getreu dem Motto man wird sich ja in seinem Ansatz auch mal verplanen können. Bis zu einer Höhe von fünf Millionen Euro werden diese (und das ist ja leider bereits jetzt schon Praxis) dem Haushaltsausschuss einfach nachträglich vorgelegt.
Bei konjunkturpolitisch bedingten Haushaltsschieflagen oder wirtschaftlichem Ungleichgewicht ist der im Haushaltsgesetz regulär vorgesehene Weg auch kein Nachtragshaushalt, sondern ein Freibrief für die Staatsregierung, selbst am Haushaltsausschuss vorbei zu handeln. Gleiches gilt für Bürgschaften, die im Ernstfall durchaus Konsequenzen für den Landeshaushalt haben können. Diese können ohne Genehmigungsvorbehalt des Haushaltsgesetzgebers in einer Gesamthöhe von fast zwei Milliarden Euro – mithin fast zehn Prozent des Gesamthaushaltes – ausgereicht werden.
Sie merken meine Damen und Herren, spätestens am Ende des zweiten Haushaltsjahres wird von der heute zu beschließenden Struktur des Doppelhaushaltes allenfalls noch ein Fragment übrig bleiben.
Nun ist das durchaus nicht unnormal. Das ist bei den Vorteilen die ein Doppelhaushalt bietet eben die Kehrseite. Über eine ganze Reihe Annahmen wird das Leben hin weg gehen, da gilt auch bei sorgfältigster Planung der alte Satz, das Vorhersagen immer schwierig sind, zumal wenn sie die Zukunft betreffen. Daher ist es auch nicht unser Problem, dass ein einmal beschlossener Haushalt sich dynamisch weiter entwickelt.
Unser Problem ist jedoch die Art und Weise und wie mit dem hier vorliegenden Haushaltsgesetz das Königsrecht des Parlamentes ausgehöhlt wird. Entsprechend werden wir ihnen dann auch noch einen Änderungsantrag vorlegen, der geeignet ist dies zu heilen.
Lassen sie mich zum Schluss noch auf einen anderen Punkt zusprechen kommen, der unser Landesfinanzen in zunehmenden Masse prägt. Es geht mir um die Sondervermögen und Nebenhaushalte und deren Auswirkungen. So haben wir auf der einen Seite den Rechtsgrundsatz der Budgethoheit des Landtages, dass sich auf die Haushaltsansätze bezieht. Nun habe ich dazu schon einige kritische Anmerkungen getroffen, insbesondere in wie weit wir das hier mit Annahme des vorliegenden Haushaltsgesetzes selbst aushöhlen würden.
Auf der anderen Seite wird dies aber durch immer neue Nebenhaushalte noch zusätzlich untergraben: Finanzgrundstöcke, Staatsbetriebe, ständig neu einzurichtende auf Dauer angelegt Fonds oder weitere Sondervermögen wie der Hochschulpakt. Diese sind natürlich für die Staatsregierung sehr bequem. Das verstehen wir schon. Sie helfen auch das Problem zu lösen, welches mit der Einführung von Doppelhaushalten verbunden war. Man muss nicht genau planen, was und wo investiert werden soll und ist insofern sehr flexibel. Aber, das Parlament bleibt außen vor.
Nicht nur bei der Mittelverwendung, sondern in weiten Bereichen ist nicht einmal ganz klar, was im Detail in den einzelnen Nebenhaushalten steckt. Letzteres wird ja von der Staatsregierung auch – zumindest gegenüber der Opposition – möglichst im nebulösen gehalten. Unserer Auffassung nach sind jedoch alle Investitionen im Haushalt aufzunehmen.
Nebenhaushalte führen zu Intransparenz und sind der parlamentarischen Steuerung und Kontrolle entzogen. Die Projekte und Ideen müssen sich der parlamentarischen öffentlichen Auseinandersetzung stellen. Wenn wir heute den Doppelhaushalt beschließen, haben wir über einen großen Teil der sächsischen Finanzen gar nicht gesprochen.
Und das führt viele unserer Debatten der letzten beiden Tage letztlich ad absurdum!