Von attac bis VVN-BdA: zivilgesellschaftliches Engagement ist gemeinnützig!

Dezember 19, 2019

Aktuell kommt es immer wieder vor, dass kritischen Vereinen mit Mitteln des Steuerrechts das Leben schwer gemacht wird. Von attac bis VVN-BdA: immer mehr politischen Vereinen wird gezielt die Gemeinnützigkeit entzogen, die Schützen- oder Traditionsvereine selbstredend behalten dürfen!

Wer der Allgemeinheit selbstlos dient, handelt gemeinnützig. Die Zivilgesellschaft ist unverzichtbarer Bestandteil unseres Gemeinwesens. Sie organisiert sich in politisch aktiven Organisationen und ist damit unverzichtbar für die Gesellschaft. Sie ist Anwalt für gesellschaftliche Themen und dient so der politischen Willensbildung. Denn zivilgesellschaftliches und gemeinnütziges Engagement hat immer auch eine politische Dimension. Es organisiert Selbsthilfe und Solidarität, bietet Unterstützung an, bringt verschiedene Perspektiven in die Debatte und kümmert sich um die Vermittlung der Themen auf allen Ebenen.

Eine demokratische Gesellschaft lebt vor allem von diesem zivilgesellschaftlichen Engagement ihrer Bürgerinnen und Bürger in einer Vielzahl von Vereinen. Der Staat muss dafür die notwendigen Rahmenbedingungen schaffen. Dazu gehört auch die Anerkennung der Mitwirkung dieser Vereine an der demokratischen politischen Willensbildung als ein der Allgemeinheit dienender Zweck, der steuerrechtlich als gemeinnützig eingestuft wird. 

Die Entwicklung der aktuellen Rechtsprechung zur Gemeinnützigkeit geht aber in die andere Richtung. So hat der Bundesfinanzhof mit seinem Urteil vom 10. Januar 2019 (Az.: V R 60/17) festgestellt, dass die Verfolgung politischer Zwecke im Steuerrecht nicht gemeinnützig sei. Gemeinnützige Körperschaften hätten kein allgemeinpolitisches Mandat. In der Folge wurde seither nicht nur dem klagenden Verein „attac e.V.“, sondern auch weiteren Vereinen die Gemeinnützigkeit entzogen. Innerhalb der zivilgesellschaftlichen Vereinslandschaft führt dies zu großer Verunsicherung und hält die Vereine von ihrer eigentlichen und wichtigen Arbeit ab.

Die am 23. November 2019 bekannt gewordene Entscheidung des Finanzamtes Berlin über die rückwirkende Aberkennung der Gemeinnützigkeit für die VVN-BdA, die wegen der hohen Steuernachzahlungen für den Verein existenzbedrohend werden kann, ist nur ein weiteres Beispiel. Hier berief sich das Finanzamt auf die Regelung des § 51 Absatz 3 Satz 2 der Abgabenordnung, nach deren Wortlaut bei Körperschaften, die im Verfassungsschutzbericht des Bundes oder eines Landes als extremistische Organisation aufgeführt sind, widerlegbar davon auszugehen sei, dass die Voraussetzungen für eine Steuervergünstigung nicht zuträfen.

Mit der von der Fraktion DIE LINKE beantragten Bundesratsinitiative zur Anerkennung der Mitwirkung an demokratischer politischer Meinungsbildung als gemeinnützigen Zweck in der Abgabenordnung werden die dringend erforderlichen Schlussfolgerungen aus dem Urteil des Bundesfinanzhofs zur Gemeinnützigkeit des Vereins attac e.V., der damit verbundenen Folgeentscheidungen sowie der Entscheidung des Finanzsamtes Berlin zum Entzug der Gemeinnützigkeit des Vereins VVN-BdA gezogen.

Gleichzeitig kann der Freistaat Sachsen mit einer solchen Initiative seine Position und seine Haltung zu einer umfassenden Absicherung zivilgesellschaftlichen Engagements verdeutlichen.