Sachgrundlose Befristung abbauen
Mai 22, 2019
(Rede in der Landtagssitzung vom 22. Mai 2019)
Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen,
Sachgrundlose Befristungen müssen im öffentlichen Dienst des Freistaates endlich der Vergangenheit angehören. Gerade aus diesem Grund sind jedoch zum hier vorliegenden Antrag der Koalition einige Kritische Worte notwendig. Sie betreffen ganz grundsätzlich die Art, wie mit dem Thema umgegangen wird.
Wenn es ihnen tatsächlich ernst damit wäre, meine Damen und Herren von CDU und SPD dann hätten Sie in der Vergangenheit widerholt die Möglichkeit gehabt, etwas gegen sachgrundlose Befristungen zu unternehmen. Jedoch: das Gegenteil war der Fall! Sie haben in dieser Legislatur mehrfach Vorstöße der Opposition dazu abgelehnt!
Dabei haben prekäre Arbeitsverhältnisse Folgen für die Beschäftigten. Und eine Sachgrundlose Befristung ist ein prekäres Arbeitsverhältnis. Die Befristung schafft Unsicherheit in der Lebensplanung, setzt die Bonität bei Vermietern und Banken herab und macht auch eine geordnete Altersvorsorge in vielen Fällen nahezu unmöglich. In der Hoffnung eine Weiterbeschäftigung zu erreichen schleppen sich befristet Beschäftigte nachweislich öfter krank zur Arbeit, nehmen seltener Urlaub und machen mehr Überstunden.
Der Wunsch als Arbeitgeber nach höherer Flexibilität ist mit dem Schutzbedürfnis der Beschäftigten nicht vereinbar. Darum sagen wir als Linke ganz klar: die sachgrundlose Befristung von Arbeitsverträgen gehört ganz grundsätzlich abgeschafft. Wir hatten ja bereits 2015 einen entsprechenden Antrag eingebracht, der sich der Problematik deutlich umfassender gewidmet hatte als ihr heutiger Antrag.
Dass was heute in Rede steht, dass der Freistaat selbst solche Auswüchse zumindest in seiner Kernverwaltung nicht weiter dulden darf ist für uns allenfalls ein erster Schritt. Denn, und auch darüber haben wir auf Drängen der Opposition hier bereits mehrfach gesprochen, der Handlungsbedarf ist akut!
Die schwarzen Schafe sitzen nicht nur in der Privatwirtschaft, sondern es ist vor allem der öffentliche Dienst, wo über alle Ebenen hinweg noch im letzten Jahr rund die Hälfte aller Neueinstellungen nur befristet war. Da macht der Freistaat selbst keine Ausnahme. Allein in der Kernverwaltung, d.h. ohne Hochschulen oder Beteiligungsunternehmen, bestehen nach Antwort auf eine kleine Anfrage meines Kollegen Tischendorf weit über 3.000 befristete Arbeitsverhältnisse, bei reichlich der Hälfte liegt eine grundlose Befristung vor.
Es ist ja auch ein schönes Sparmodell, werden doch befristet Beschäftigte für die gleiche Tätigkeit regelmäßig schlechter entlohnt als unbefristet Beschäftigte. Grundlage der Vergütung im öffentlichen Dienst ist unter anderem die sogenannte Erfahrungsstufe. Mit zunehmender Dauer der Beschäftigung steigt diese und damit auch die Höhe der Entlohnung. Bei befristet Beschäftigten wird die Erfahrungsstufe jedoch bei jeder Weiterbeschäftigung neu berechnet. Ein Schreiben des Hauptpersonalrates des Staatsministerium für Wissenschaft und Kunst vom April dieses Jahres liegt ihnen ja allen vor, wo die Situation plastisch geschildert wird.
Es ist zwar begrüßenswert, dass nun kurz vor dem Ende der Wahlperiode endlich auch die Koalition hier aus ihrem Tiefschlaf erwacht zu sein scheint. Nur haben sich SPD und CDU im Antragstitel und der Begründung dazu dann doch selbst verraten, worum es ihnen eigentlich geht.
Es geht ihnen mitnichten darum endlich im Interesse der Betroffenen prekäre Beschäftigung in reguläre Arbeitsverhältnisse umzuwandeln, sondern sie sorgen sich im Kern schlicht um die Attraktivität des Öffentlichen Dienstes. Oder anders ausgedrückt: sie hätten das mit den Sachgrundlosen Befristungen schon gerne noch eine Weile weiter gemacht, wenn sie aufgrund der aktuellen Arbeitsmarktlage sicher sein könnten weiter genug Bewerber zu finden.
Wenn Sie in der Antragsbegründung weiter schreiben, dass sie den Antrag auch deswegen einreichen würden, weil sie sich bereits 2017 im Grundsatz darauf geeinigt hätten, dann frage ich mich was haben sie eigentlich in der Zwischenzeit dazu unternommen; außer – wie bereits erwähnt – wiederholte Vorschläge der Opposition dazu abzulehnen?
Intensive Arbeit am Antragstext kann es zumindest nicht gewesen sein, besteht er doch im Kern nur aus rund 80 Wörtern und ist juristisch nicht so kompliziert, dass sie jahrelang prüfen mussten. Schließlich haben sie sich ja auf eine Minimalvariante beschränkt, die jegliche Versuche außen vor lässt, auch nur im Ansatz den bestehenden Einfluss auf die staatlichen Beteiligungen zu nutzen. Auch das zeigt einmal mehr ihren Umgang mit dem Thema! Denn auch seit 2017 sind im öffentlichen Dienst des Freistaat weiter sachgrundlos befristete Arbeitsverhältnisse ausgelaufen oder wurden neu abgeschlossen.
Sie sehen, wir haben begründete Zweifel an der Motivation ihres Antrages, der noch dazu so begrenzt ist, dass sie kurz vor der Landtagswahl zur Gesichtswahrung gerade so behaupten können hier überhaupt etwas unternommen zu haben. Wir halten den Antrag dennoch für einen kleinen Schritt in die richtige Richtung und stimmen ihm im Interesse der Betroffenen und in der Hoffnung dass das nicht der letzte Schritt war zu!