Ankündigungsminister Dulig erfolglos bei Fachkräftesicherung
Mai 24, 2019
Auf mittlere Sicht werden im Freistaat rund 328.000 Fachkräfte fehlen – bei weitem nicht nur Lehrkräfte, Pflegekräfte oder IT-Fachleute. Martin Duligs Fachkräftestrategie bricht mit der absurden Annahme der CDU-FDP-Vorgängerregierung, dass eine Deregulierung des Arbeitsmarktes mehr Arbeitskräfte bringt. Stattdessen beschreibt sie die Bedeutung von guten Arbeitsbedingungen und einer ordentlichen Entlohnung. Immerhin! Insgesamt ist aber nicht beeindruckend, wenn der Minister nach fünfjähriger Arbeit im Bereich Fachkräftesicherung ein Vierteljahr vor der Wahl nur ein Papier vorweisen kann, das teils dieselben Herausforderungen und Handlungsfelder beschreibt wie das Vorgänger-Papier von 2012. Was hat die Staatsregierung getan, wenn die Aufgaben teils bis ins Detail noch genau so stehen wie damals?
Dulig will die Zahl der Schulabbrüche wenigstens auf das Niveau des Bundesdurchschnitts drücken – das ist alles andere als eine Bildungsoffensive, Sachsen tritt dabei trotz Verbeamtung und Quereinsteigern auf der Stelle. Die Stärkung der Berufsorientierung wird seit Jahren diskutiert, aber es gibt weder verbindliche Standards noch Konzepte für alle Schulen. Auch über die Stärkung der dualen Berufsausbildung redet die Regierung schon lange, aber es gibt immer noch keine zentrale Berufsschulnetzplanung und zu wenige Lehrkräfte.
Vor allem aber: Sachsen hat bundesweit die geringste Tarifbindung, die längsten Arbeitszeiten und die niedrigsten Löhne – das nenne ich doch mal einen Standortvorteil! Dulig will seit 2014 die Tarifbindung stärken, sie hat aber einen neuen Tiefstand erreicht. Warum gibt es immer noch landeseigene Unternehmen ohne Tarifvertrag? Warum wurde bisher in Sachsen nur ein einziger Tarifvertrag für allgemeinverbindlich erklärt? Warum gibt es immer noch kein Vergabegesetz, das öffentliche Aufträge nur Unternehmen zuweist, die anständig entlohnen?
Die Fachkräfte-Lücke lässt sich letztlich nur schließen, wenn all das endlich erledigt wird – und wenn Menschen von außerhalb ihren Lebens- und Arbeitsmittelpunkt hierher verlegen. Dazu brauchen sie eine öffentliche und soziale Infrastruktur, die Lebensqualität bringt. Das erreichen wir nicht mit Standortkampagnen wie „So geht sächsisch“, sondern nur mit realen Strukturen: Kinderbetreuung, Nahverkehr, schneller Internetzugang, Gesundheitsversorgung, Einkaufsmöglichkeiten, soziale Treffpunkte. Die nächste Regierung muss da endlich vorankommen!